Mit David Card, Joshua Angrist und Guido Imbens wurden drei Ökonomen mit dem „Wirtschafts-Nobelpreis“ ausgezeichnet, die enormen Einfluss auf die Art und Weise genommen haben, wie empirische Analysen heute in den Wirtschaftswissenschaften durchgeführt werden. Alle drei haben sich mit der Identifikation kausaler Effekte anhand natürlicher Experimente beschäftigt.
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David Card hat zum Beispiel 1994 zusammen mit Alan Krueger den Einfluss einer Steigerung des Mindestlohns im Bundesstaat New Jersey auf die Beschäftigung analysiert. Doch anstatt sich nur anzusehen, welchen Effekt die Mindestlohnsteigerung auf die Beschäftigung in New Jersey genommen hat, also einen einfachen Vorher-Nachher-Vergleich durchzuführen, haben Card und Krueger (C&K) ebenso die Beschäftigungsentwicklung in Pennsylvania analysiert, wo es zu keiner Mindestlohnsteigerung gekommen ist. Um den kausalen Effekt der Lohnsteigerung zu berechnen, haben C&K die Differenz der Beschäftigung in New Jersey und ebenso im Staat Pennsylvania vor und nach Mindestlohnsteigerung berechnet und die beiden Differenzen wiederum voneinander subtrahiert. Anhand dieser Methode (die heute als Differenz-von-Differenzen Ansatz bekannt ist) konnten sie von einer Vielzahl an weiteren potenziellen Einflüssen abstrahieren, die neben dem Mindestlohn die Beschäftigung beeinflussen. Nebenbei bemerkt, fanden die Autoren übrigens nicht den erwarteten Beschäftigungsrückgang.
Nun gibt es verschiedene Möglichkeiten, kausale Effekte zu identifizieren und nicht immer ist ein natürliches Experiment möglich oder auch notwendig. Dennoch haben die Analysen der drei Nobelpreisträger die empirische Arbeit von Ökonomen mit ihren intuitiven und sehr effektiven Ansätzen revolutioniert. Heutzutage werden von ökonomischen Fachzeitschriften kaum mehr Arbeiten akzeptiert, die zum Beispiel einen einfachen Vorher-Nachher-Vergleich – etwa zur Messung des Einflusses von Mindestlöhnen auf die Beschäftigung – durchführen. Und es wird bereits bei der methodischen Ausbildung deutlich mehr Wert auf die Identifikation kausaler Effekte gelegt. Die Qualität empirischer Arbeiten konnte dadurch deutlich gesteigert werden.
Was hat das Ganze nun mit der Bestimmung von Kartellschäden zu tun? Auch dabei geht es letztendlich um die Identifikation kausaler Effekt, nämlich die einer Kartellabsprache oder auch anderer wettbewerbsbeschränkender Maßnahmen. Es ist immer noch üblich, einfache Vorher-Nachher-Vergleiche durchzuführen, in der Hoffnung, für alle anderen wesentlichen Einflüsse kontrollieren zu können. Dass dies nicht immer möglich ist, liegt auf der Hand und mahnt zur Vorsicht bei der Interpretation solcher Analysen. Außerdem sollten, wenn immer möglich, moderne Methoden zur Identifikation kausaler Effekte herangezogen werden.
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