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Digitale Plattformen Teil I: 5 Insights über Netzwerkeffekte

Jürgen Rösch

Updated: Jul 17, 2021

Dieser Beitrag fasst den Vortrag "Einführung in die Plattformökonomie", den Jürgen Rösch am 18. Juni 2021 beim Digitaltag für den Bitkom e.V. gehalten hat, kurz zusammen und ist der erste Teil einer kleinen Serie über die Ökonomie von digitalen Plattformen.


Digitale Plattformen sind das dominante Geschäftsmodelle der digitalen Ökonomie. Dennoch scheitern viele Plattform-Projekte, weil die „Mechanik“ von Plattform-Geschäftsmodellen nicht richtig durchdrungen wurde.




Wie gelingt der Einstieg in die Plattformökonomie? In meinem Vortrag am Digitaltag des Bitkom e.V. bin ich auf fünf wesentliche Punkte eingegangen, die digitale Plattformen von linearen Geschäftsmodellen unterscheiden. Alles schon bekannt? Alles schon gehört? Und trotzdem hinken Deutschland und Europa weiter hinterher. Eine der wichtigsten Erfahrungen, die ich in der Praxis gemacht habe: es lohnt sich zu verstehen, wie Plattformen funktionieren und das heißt zu verstehen, wie Netzwerkeffekte funktionieren.


In diesem Beitrag gehe ich daher noch einmal in aller Kürze auf die wichtigsten Punkte ein, um sie dann in späteren Beiträgen näher zu beleuchten:

  1. Pipeline to Platform: Geschäftsmodell-Innovation

  2. Core-Interaktion: Der Kern der Plattform und des Ökosystems

  3. Getting-Started: Das Chicken-Egg Problem lösen

  4. Pricing and Value Capturing: Subventionieren und ausbeuten

  5. Bringing Value to Data: Daten und die Geschichte des neuen Öls


Pipeline to Platform


Hierbei geht es um das Selbstverständnis des Unternehmens. Wollen wir weiterhin ein Produkt verkaufen, mehr Girokonto-Verträge abschließen oder wollen wir der zentrale Match- und Marketmaker werden? Wollen wir produzieren und verkaufen oder orchestrieren und kuratieren? Das Geschäft von digitalen Plattformen ist es, Interaktionen zu ermöglichen und so die Netzwerkeffekte zwischen den Teilnehmern zu nutzen und auszubauen - und nicht Produkte oder Services zu verkaufen.


Core-Interaktion


Auf der Suche nach der Kern-Interaktion müssen digitale Plattformen zentrale Fragen beantworten: Was ist eine Interaktion und zwischen wem findet sie statt? Und warum? Welche Interaktion repräsentiert die Plattform? Warum kommen Nutzer auf die Plattform und wann haben die Nutzergruppen ihr Ziel erreicht? Die Antwort darauf ist die Kern-Interaktion der Plattform. Findet man diese, muss man sie testen, langsam aufbauen, besser machen, verproben und dann skalieren. Jede digitale Plattform wird um die eine Kern-Interaktion aufgebaut. Das ist die eine Sache, die die digitale Plattform ausmacht. Macht sie diese eine Sache falsch, wird das Unternehmen wahrscheinlich niemals der Orchestrator eines Ökosystems.



Diese ersten beiden Punkte sind zentral für alle digitalen Plattformen. Sie muss sich die Frage stellen: Wer sind wir und was machen wir? Was ist unsere Value Proposition und für wen bieten wir unsere Dienste an? Doch damit ist das Plattform-Geschäftsmodell noch lange nicht entwickelt, tatsächlich wird es ab jetzt erst richtig kompliziert…



Getting Started


Die wesentliche Grundlage von digitalen Plattformen sind Netzwerkeffekte. Die Besonderheit an Netzwerkeffekten ist jedoch, dass der Wert der digitalen Plattform für die Nutzer von anderen Nutzern und deren Entscheidung für oder gegen die digitale Plattform abhängt. Ist die Plattform nicht ausreichend attraktiv, gibt es kaum Interaktionen. Ähnlich einer Bar oder einem Club, lohnt es nicht hinzugehen, wenn nichts los ist. Aus diesem Grund locken Discos oft mit kostenlosem Eintritt vor elf Uhr oder einer Ladies Night mit kostenlosem Eintritt für Frauen. Auf ähnliche Weise müssen auch digitale Plattformen das sog. Chicken-Egg-Problem lösen, sie müssen um die ersten Nutzer buhlen und sie (z. B. mit kostenlosen Angeboten) „überreden“ mitzumachen, erst wenn genügend Nutzer auf der Plattform sind, lohnt es sich für andere Nutzer, auf die Plattform zu kommen. Aber die Nutzer kommen erst auf die Plattform, wenn sie auch genügend Wert für sie generiert. Wie lässt sich dieses Dilemma also lösen?


Pricing and Value Capturing


Ein Bestandteil der Lösung für das Chicken-Egg-Problem ist die Preissetzung: Plattformen subventionieren immer eine Gruppe und „beuten“ die andere aus. Wie? Sie senken die Preise, bieten etwas sehr günstig an, was zuvor teuer war oder schenken den Frauen den Eintritt und geben ihnen noch einen Prosecco dazu. Dieser Preissetzung müssen Plattformen aber auch dann noch folgen, wenn sie das Chicken-Egg-Problem gelöst haben. Es gibt immer eine „Money-Side“ und eine Gruppe, die subventioniert wird. Generell unterscheidet sich die Preissetzung signifikant von linearen Geschäftsmodellen, alte Weisheiten wie „was nichts kostet ist nichts wert“, sind oft irreführend und meistens falsch bei digitalen Plattformen.


Bringing Value to Data


Ein Phänomen, das wohl am häufigsten mit Plattformen in Verbindung gebracht wird, ist deren Datenhunger. Aber warum sind die großen digitalen Plattformen eigentlich so datenhungrig? Die Antwort ist im Prinzip simple: Weil sie damit ihre Netzwerkeffekte verstärken. Daten ermöglichen erst das Matchmaking, das Verbinden der richtigen Teilnehmer, Daten schaffen und erhöhen Relevanz und so kann man mithilfe von Daten man die Interaktions-Qualität verbessern. Außerdem zeigen Daten der digitalen Plattform, welche Interaktionen nicht erfolgreich waren, was also noch fehlt und so auch, wie die digitale Plattform wachsen kann und soll. Und schließlich schützen Daten Netzwerkeffekte, mithilfe von Daten können schlechte, negative oder schädliche Interaktionen verhindert werden. So stärken Daten auch die Position der digitalen Plattform im Wettbewerb stärken.



Klingt interessant? Zu jedem einzelnen Punkt erscheint in Kürze ein eigener Blogbeitrag, der kurz und knapp die wesentlichen Aspekte erklärt. Außerdem werden wir unser INVS-Modell vorstellen, das strategische Entscheidungen für Unternehmen in allen Phasen des Plattform-Designs und des Plattform-Management zeigt.


Ist das alles?


Natürlich gibt es neben diesen noch viele weitere wichtige Punkte, beispielsweise die Rolle von Regeln und Standards, verhaltensökonomische Aspekte, die dazu dienen, Nutzer besser zu binden, das Management der Offenheit von Plattformen und der Schutz von Netzwerkeffekten. Viele Projekte in der Praxis kommen aber gar nicht zu solchen Überlegungen, weil bereits die fünf Kernpunkte nicht oder nur halbherzig berücksichtigt wurden. Diese werden wir im zweiten Teil unser Blog-Serie vorstellen

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