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Digitale Plattformen Teil II: Die Plattform-Geschäftsmodell-Innovation

Jürgen Rösch


Der zweite Teil unserer Mini-Blogserie zum Thema digitale Plattformen beschäftigt sich mit dem Unterschied zwischen linearen Geschäftsmodellen und Plattform-Geschäftsmodellen. Wir nutzen jeden Tag digitale Plattformen und navigieren problemlos auf und zwischen sozialen Medien, Suchmaschinen und Online-Marktplätzen hin und her, was aber genau das Geschäftsmodell dahinter ausmacht und wie es genau funktioniert, spielt für uns dabei meistens keine Rolle. Für digitale Plattformen sind aber genau diese Mechanismen im Hintergrund entscheidend.


Verbinden, nicht verkaufen


Der Wert der digitalen Plattform entsteht durch indirekte Netzwerkeffekte. Nutzer der Plattform profitieren von mehr Teilnehmern auf der Plattform. Je mehr Teilnehmer der anderen Nutzergruppe auf der Plattform aktiv sind, desto wahrscheinlicher findet jeder Nutzer ein passendes „Match“, desto wahrscheinlicher erreicht der Nutzer sein Ziel auf der Plattform, sei es ein Produkt zu finden, eine Partner*in zu finden, eine Mitfahrgelegenheit oder eine Unterkunft für die nächste Städtereise.

Digitale Plattformen sind deshalb vor allem Geschäftsmodell-Innovationen und weniger rein technische Neuerungen. Das Unternehmen produziert und verkauft nichts mehr, es verbindet und erleichtert Interaktionen. Das Selbstverständnis des Unternehmens ist es nicht mehr „das Produkt an den Mann zu bringen“, sondern Nutzer aus mindestens zwei Nutzergruppen auf die Plattform zu holen, die richtigen Nutzer miteinander zu verbinden und Interaktionen zwischen den richtigen Nutzern zu erleichtern. Das Unternehmen wird zum Matchmaker und Orchestrator.


Linear to Platform: Warum die Plattformökonomie anders ist


Das dominante Geschäftsmodell in der digitalen Welt sind dagegen Plattformen, sieben der zehn wertvollsten Unternehmen weltweit sind Plattformen. Allerdings existieren Plattformen nicht nur in der digitalen Welt. Auch früher schon gab es solche Geschäftsmodelle. Vorläufer von Plattformen, wie wir sie heute kennen, sind etwa Marktplätze in Städten, Einkaufszentren, Makler oder Börsen.

Die grundsätzliche Funktionsweise von Plattformen ist also nicht von der digitalen Welt abhängig. Die digitale Welt bietet allerdings die besten Voraussetzungen für zweiseitige Plattformen. Warum? Durch Digitalisierung werden typischerweise Menschen, Dinge, Maschinen miteinander vernetzt. Diese Vernetzung ist für sich genommen aber noch nicht zwangsläufig wertschaffend. Erst wenn diese Vernetzung für Interaktionen genutzt wird, entsteht der oben beschriebene Wert, den wir von den großen Plattformen kennen.


Was bisher geschah: Das lineare Geschäftsmodell


Lineare Geschäftsmodelle sind klassische Geschäftsmodelle bei denen ein Produkt oder Service hergestellt und verkauft wird. Es gibt jemanden, der das Produkt produziert, unter Umständen einen oder mehrere Zwischenhändler, die das Produkt einkaufen, veredeln und weiterverkauften. Am Ende der linearen Kette steht der Konsument, der dann wiederum den Händler bezahlt, der wiederum den Produzenten bezahlt.

Es gibt zwei lineare Ströme:

  • Ware/Service vom Produzenten zum Endkunden

  • Geld vom Endkunden über Händler zum Produzenten

Das lineare Geschäftsmodell "besitzt" das Angebot auf der Plattform. Das Unternehmen kauft das Produkt oder die Vorprodukte ein und verkauft sie weiter. Ein Supermarkt kauft alle Produkte zunächst ein, lagert sie und bietet sie dann Kunden zum Kauf an. Der Supermarkt besitzt die Produkte, wenn er sie weiterverkauft und muss für die Ware in Vorleistung gehen.


Diese drei Eigenschaften unterscheiden lineare Geschäftsmodelle von Plattform-Geschäftsmodellen:

  1. Es gibt zwei lineare Wertströme: Produkt-Wertstrom und Bezahl-Wertstrom

  2. Das Unternehmen besitzt die Angebotsseite (es besitzt, die Produkte, die später gekauft werden oder hat die Mitarbeiter eingestellt, die einen Service erbringen)

  3. Konsumenten/Kunden entscheiden sich für das Produkt oder den Service, weil sie einen direkten Nutzen daraus ziehen


Das Plattform-Geschäftsmodell


Das Plattform-Geschäftsmodell lebt davon, dass es verschiedene Nutzergruppen verbindet. Das können, analog zum linearen Geschäftsmodell Hersteller und Konsument sein, so wie es bei Amazon häufig der Fall ist. Es können aber genauso gut Single-Männer und Single-Frauen sein, oder es können Anbieter von Webseiten sein und Personen, die auf diesen Webseiten nach Informationen suchen.


Die digitale Plattform ist das verbindende Glied und der "Enabler" der Interaktionen. Deshalb kommt es darüber hinaus auch immer zu einer Interkation zwischen den Teilnehmern der Nutzergruppe und der digitalen Plattform selbst. Das Ziel des Plattform-Geschäftsmodells ist es, diese Interaktionen/Transaktionen einfach, sicher, kostengünstig, risikolos zu ermöglichen. Je stärker die Transaktionskosten der Interaktion/Transaktion für die Teilnehmer gesenkt werden, desto wahrscheinlicher kommt es zu einer Interaktion, desto wertvoller wird es, die Interaktion über die Plattform abzuwickeln.


Digitale Plattformen verbinden mindestens zwei Gruppe und ermöglichen Interaktionen:

  • Es gibt multidimensionale Wertflüsse zwischen verschiedenen Nutzergruppen auf der digitalen Plattform

  • Die digitale Plattform ermöglicht Interaktionen und Transaktionen

  • Sie „besitzt“ grundsätzlich weder das Angebot noch geht von ihr die Nachfrage auf der Plattform aus (eine Ausnahme liegt vor, wenn manche Plattform-Anbieter wie Amazon auch als Anbieter auftreten)

  • Nutzer entscheiden sich für die Plattform, um mit anderen Nutzergruppen zu interagieren. Das Produkt oder der Service, den die digitale Plattform anbieten stiftet nur indirekt Nutzen (sie ermöglichen die Interaktionen/Transaktionen)

Auf dem Weg zum Matchmaker und Orchestrator


Hat sich ein Unternehmen entschieden diesen Weg zu gehen, fängt es an schwierig zu werden. Die digitale Plattform muss die Core-Interaktion identifizieren und das Chicken-Egg-Problem lösen, um die kritische Masse zu erreichen. Was das für digitale Plattformen bedeutet besprechen wir in Teil drei und vier unserer Mini-Blogserie.


























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