Die großen digitalen Plattformen umgibt ein regelrechter Mythos, wie viele Daten sie besitzen und was sie mit den Daten alles anstellen können. Sie werden als Datenkraken bezeichnet und immer wieder kommt es zu Skandalen, bei denen personenbezogene Daten eine Rolle spielen. Was steckt hinter dem Datenhunger der digitalen Plattformen? Auch hier sind es wieder die indirekten Netzwerkeffekte, die zeigen, wozu digitale Plattformen Daten und die dazugehörigen Algorithmen benötigen und warum sie so wichtig für die Entwicklung von Plattformen sind.
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Jennifer Lopez, das grüne Kleid und die Google-Bildersuche
Auf den 42ten Grammy Awards am 23 Februar 2000 trug Jennifer Lopez ein grünes Versace Kleid. Die exklusive und freizügige Bekleidung der Sängerin sorgte nicht nur an diesem Abend für einiges Aufsehen, auch am nächsten Tag lief Google mit Suchanfragen nach eben diesem Kleid über. Google zählte am 24. Februar 2000 die häufigsten Suchanfragen überhaupt – eben nach jenem grünen Kleid. Und Google konnte diese Suchanfragen nicht gut beantworten. Die Suchmaschine war nicht darauf ausgerichtet, Bilder zu finden. Google konnte die Interaktion zwischen dem Sucher und dem Inhalteanbieter nicht herstellen. An diesem Tag wurde die Google Bildersuche geboren – so die Anekdote.
Die Anekdote sagt auch, dass Google bereits an der Bildersuche gearbeitet hat, das grüne Versace Kleid von Jennifer Lopez brachte dem Projekte eher Aufmerksamkeit als dass es ursächlich dafür verantwortlich war. Die Geschichte zeigt aber einen interessanten Aspekt, wie digitale Plattformen mit Daten arbeiten: Irgendjemand bei Google musste festlegen, dass häufige Suchanfragen gezählt werden, dass „nicht-erfolgreiche“ Interaktionen gezählt und angezeigt werden, musste festlegen, was eine nicht-erfolgreiche Interaktion ist, dass häufige nicht-erfolgreiche Interaktionen „ausgegeben“ werden und irgendjemand musste auch darauf reagieren. Google beobachtet also nicht nur ganz genau, was auf der Plattform passiert, welche Interaktionen wertvoll waren, welche nicht zustandekommen und welche vielleicht auch negative Ergebnisse liefern, sondern Google reagiert auch darauf. Das klingt zwar trivial, letztendlich ist es das aber nicht, da es hier nicht nur um die Prognose eines Suchtreffers geht, sondern darum, neue Services zu entwickeln.
Datennetzwerkeffekte oder Learning-Effekte?
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Je mehr Nutzer eine digitale Plattform hat, desto mehr Daten kann eine digitale Plattform sammeln, desto besser kann die digitale Plattform die Daten auswerten und desto besser kann die digitale Plattform ihre Produkte und Services designen, wodurch sie noch attraktiver für Nutzer wird, was wiederum mehr Nutzer anzieht, wodurch die digitale Plattform wieder mehr Daten sammeln kann. Und so setzt sich eine Spirale in Gang, die der Plattform einen Vorteil gegenüber der Konkurrenz bringt.
Handelt es sich dabei um Datennetzwerkeffekte? Hal Varian, der Chefökonom von Google, hält das eher für Lerneffekte, die Unternehmen werden einfach besser, je mehr Daten sie haben. Andere sprechen von auf Daten aufbauenden Netzwerkeffekten, die ähnlich wie „normale“ Netzwerkeffekte zu starker Marktmacht führen können. Für digitale Plattformen selbst ist eher eine andere Fragen relevant: Was passiert zwischen dem Schritt „mehr Daten“ und „bessere Produkte“, was dann wiederum zu mehr Nutzer führt? Wie kann die digitale Plattformen mehr Daten tatsächlich in mehr Nutzer, in mehr Interaktionen und damit in mehr Umsätze umwandeln?
Daten: Qualitätsmanager und Ökosystem-Builder
Digitale Plattformen nutzen Daten, um alle Interaktionen und Aktivitäten auf der Plattform zu orchestrieren und zu kuratieren. Die digitale Plattform ist in gewisser Weise die Spinne in den (indirekten) Netzwerkeffekten, sie beobachtet und steuert alles, was auf der Plattform passiert, die digitale Plattform ist dafür verantwortlich, dass jede Interaktion oder Transaktion möglichst kostengünstig, einfach und problemlos abgewickelt wird. Nur so ist die Plattform nützlich und die Nutzer kommen wieder und nutzen die Plattform häufiger.
Daten und die dazugehörigen Algorithmen helfen digitalen Plattformen Netzwerkeffekte zu nutzen, zu verstärken und zu schützen. In diesem Sinne nutzen digitale Plattformen Daten vor allem, um in folgenden Bereichen Wert zu schaffen:
1) Matchmaking: Die Kern-Aufgabe der digitalen Plattform ist es Interaktionen zwischen den richtigen Teilnehmern der Nutzergruppen, zum richtigen Zeitpunkt zu ermöglichen und zu erleichtern. Daten helfen den digitalen Plattformen die Präferenzen der einzelnen Nutzer herauszufinden und die richtigen Nutzer miteinander zu matchen.
2) Qualität verbessern: Die Qualität einer digitalen Plattformen misst sich an der Qualität der Interaktionen, also daran, wie relevant und wertvoll eine Interaktion ist. Mithilfe von Daten können digitale Plattformen die Qualität überwachen, managen und verbessern. Die digitale Plattform muss die relevantesten Nutzer zusammenbringen und sichergehen, dass die Interaktionen erfolgreich verlaufen und darauf reagieren, wenn dies nicht der Fall ist.
3) Qualität sichern: Airbnb prüft bei jeder Buchung hunderte von Parametern, um mithilfe von maschinellen Lernen das Risiko einer Buchung zu überprüfen und so auffällige oder verdächtige Buchungen gegebenenfalls zu verhindern. Im besten Fall ist eine Interaktion auf einer Plattform relevant und wertvoll für die Nutzer, im schlechtesten Fall schädlich und teuer. Im Falle von Airbnb sorgen sog. Partyhäuser immer wieder für hohe Schäden bei den Vermietern oder für sehr viel Ärger bei den ahnungslosen Mietern, die unbeabsichtigt in etwas „hineingeraten“.
4) Neue Services: Das Jennifer Lopez Beispiel zeigt, dass nicht-erfolgreiche Interaktionen der digitalen Plattformen verraten, welche anderen Interaktionen noch fehlen bzw. was die Teilnehmer der Nutzergruppen eigentlich wünschen. Es ist dann an der Plattform, neue Produkte und Services für diese möglichen weiteren Interaktionen einzuführen. So wachsen manche digitale Plattformen organisch zu Ökosystemen, die mehr und mehr Lebensbereiche der Nutzer abdecken.
Daten, Daten, Daten und kein Ende
Dieser Blog-Eintrag kann natürlich nur einen oberflächlichen Eindruck der Bedeutung von Daten für digitale Plattformen geben. Allerdings zeigt sich, dass digitale Plattformen Daten aus einen ganz bestimmten Grund benötigen: Sie ermöglichen, verbessern und sichern die Kern-Interaktion und aller weiteren Interaktionen der Plattform. Daten und Algorithmen sind somit das entscheidende Werkzeug der digitalen Plattform, das Wertversprechen an ihre Nutzer zu erfüllen.
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